Quelle: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe – 14 Jahrgang Nr. 6

Hochzeit im Riesengebirge

Von Josef Rücker

Für eine zukünftige eheliche Verbindung wurden die zarten Fäden meist schon auf den Rockenabenden gesponnen. Da mussten die Teilnehmer unter anderem auch ihre Sprüchlein aufsagen. So verlieh einmal ein Mädchen in Rognitz seiner Sorge mit folgenden Worten Ausdruck: "Ich gie of die Kommer un trat of a Brat. Olle Mejdlan houn an Freier on ich hou en Drak!" Darauf erwiderte ihr ein Bursche: "Na, host doch mich! Bin ´n ich nischt?" Und die beiden wurden ein Paar.

Wenn das Verhältnis soweit gediehen war, dass man ernstlich ans Heiraten denken konnte, fand als erster Schritt "dous Eischreiwa om Pforromte" statt. Dem folgte an 3 Sonntagen das Aufgebot, in dem es hieß: "In den heiligen Stand der Ehe wollen treten: Der Bräutigam . . . ., geb. am . . . ., ehel. Sohn des . . . . mit der Braut usw. Wem ein Ehehindernis bekannt sein sollte, der möge dies am Pfarramt ehestens melden." Gleichzeitig fand der Aushang an der Kirchentür statt. Das Verkünden von der Kanzel wurde scherzweise mit "rougefolla, rougerumpelt oder rougeschmissa" bezeichnet. Von nun an nannte man die Braut "dous Ding" und den Bräutigam "a Dingrich". In der Zwischenzeit musste sich das Brautpaar beim "Pforrherrn melda" und die notwendigen Belehrungen für den Ehestand entgegennehmen. Etwa eine Woche vor der Hochzeit ging das Paar "Huchzet bieta". Es musste seine Gäste selbst einladen. Ein bis zwei Tage vor dem Hochzeitstag kam endlich das Brautfuder angefahren. Hoch beladen war es und mit bunten Bändern geschmückt. Die Betten lagen obenauf. Auch die Pferde trugen bunten Schmuck. So wurde es von alt und jung bestaunt und im einzelnen viel besprochen. Ließ es doch auf den Wohlstand der Braut einen Schluss zu.

Der Abend vor der Trauung, nach Ablegen von Beicht und Kommunion, hieß der Polterabend, an welchem das Myrtenkränzchen für die Braut und das "Schmikla" für den Bräutigam gebunden wurden. Dabei ging es auch schon recht lustig zu bei Bier und Wein, Kaffee und Kuchen. Da mag schon der "Druschma" in Erscheinung getreten sein, der Spaßmacher, der als Wahrzeichen seiner Würde einen mit Blumen und Bändern geschmückten Stab trug. Da fand auch oft "dous Stendala" statt, mit welchem das Brautpaar von seinen Freunden und guten Bekannten durch Lieder und Musik vor dem Haus geehrt wurde. Es wurden auch Gläser zerschlagen, denn Scherben bringen dem Brautpaar Glück. Die beiden mussten aber auch die Scherben selbst zusammenfegen und wegschaffen. Den ersten Kuchen aus dem Backofen musste die Braut verschenken.

Die Trauungen fanden meist an Samstagen statt. Kam nun der Bräutigam ins Haus, so musste er sich seine Braut, die man gut versteckt hatte, selbst suchen. Die letzte Naht am Brautkleid musste an der Braut vollzogen werden, selbst wenn es auch nur das Annähen des Myrtenkränzchen bedeutete. Dann wurde ein Tuch ausgebreitet, auf das sich die Brautleute knien mussten, um den elterlichen Segen zu empfangen. Die Hochzeit fand immer im Hause der Braut statt.

Brautführer zur Kirche war der Brautvater, für den Bräutigam ein Zeuge. Am Gang zur Kirche wurden Bänder über den Weg gespannt und die Brautleute mussten sich durch ein Trinkgeld freien Durchgang erkaufen. Verschiedene Zeichen wurden nun streng beachtet, aus welchen man auf das Glück im künftigen Eheleben Schlüsse zu ziehen wusste. So trug die Braut ein vom Bräutigam gespendetes Geldstück im Schuh, womit wohl ihr stetes Wohlergehen gesichert erschien. Wer in der Kirche zuerst vor dem Altar kniete, musste das Regiment später an den Partner abtreten. Wehe, wenn die Braut auf ein Rockschößel des Bräutigams zu knien kam. Dieser Mann war zum Pantoffelhelden für immer gestempelt. Die Braut durfte sich während der ganzen Zeremonie nicht umdrehen. Dies hätte ihren vorzeitigen Tod zur Folge gehabt. Auch sollte sie am Hochzeitstag weinen, denn es hieß "Eine weinende Braut, eine lachende Frau". Beim Verlassen der Kirche wurden die Eheleute schon beglückwünscht. Es wurde aber beachtet, dass nicht ein Teil vor dem andern aus der Kirche trat, was ebenfalls einen Schluss auf die Vorherrschaft im Eheleben zugelassen hätten. Selbstverständlich spielte auch das Wetter am Hochzeitstag eine große Rolle für späteres Glück und Wohlergehen.

Bei der Rückkehr aus der Kirche wartete die Hochzeitsköchin vor der mit Girlanden und Bäumchen geschmückten Haustür auf das Paar und begrüßte es mit den Worten: "Willst Du ein richtiger Ehemann sein, so trag Dir´s Brot und die Butter selber hinein!" Dabei übergab sie ihm ein Stück Brot und Butter. Nun konnte das Mahl beginnen, und es stellten sich weitere Gratulanten mit Karten ein, die für den Botengang mit Kuchen belohnt wurden. Es waren dies meist Kinder. Beim Mahl ging es lustig zu, und der Druschma, der den Kirchenzug angeführt hatte, konnte alle Schleusen seines Humors ziehen. Kleine Zuckerln wurden geworfen ohne Rücksicht darauf, dass sie etwa auch in Speiseschüsseln fielen. Auch schenkte man dem Brautpaar allerhand Gegenstände wie Blumenvasen, Aschenbecher und kleine Wiechlan-Wiegen mit der Aufschrift "Nach froh verlebten Stunden, kommen solche Kunden!" Die Braut bekam auch einen kleinen Balg, wohl eine Anspielung auf den kommenden Kindersegen. Zudem sollte die Braut an diesem Tage nur volles ansehen, wie vollbeladene Wagen, gefüllte Einkaufstaschen und dergleichen mehr.

Mit Tanz und Musik verging rasch dieser Ehrentag. Als letzten Scherz vor der Brautnacht musste das Paar noch eine Störung hinnehmen. Mit Vorliebe wurden die Klammern der Bettstellen ausgehängt, so dass der Schlaf in der ersten Nacht sich erst mit einiger Verzögerung einstellen konnte.

Wohl dem Brautpaar, das all diese Regeln und Vorschriften genauestens beachtet hat. Das Bewusstsein, dies getan zu haben, mag schon ein Gefühl der Beruhigung und Sicherheit ausgelöst haben, die immerhin sich auch als Stützpfeiler eines künftigen Glückes erweisen konnten.

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